DESIGN AUF LEISTUNGSSPORT-
NIVEAU

Gutes Design ist innovativ, unaufdringlich und konsequent bis ins letzte Detail, so manifestierte es einst die Ikone Dieter Rams in seinen zeitlosen Designprinzipien. Bei seiner Gründung legte das damalige Startup ProGlove ähnliche Werte fest: Mit benutzerfreundlichen Wearables wollten die Industriedesigner*innen das Leben der Beschäftigten maßgeblich erleichtern, die harte körperliche Arbeit verrichten. Gelungen ist ihnen ein vielseitiges Produktportfolio, das sich dank der kleinsten und leichtesten Barcode-Scanner der Welt hochwirksam ins Arbeitsleben einfügt.

Als das Internet der Dinge bezeichnet sich der Möglichkeitsraum, der intelligente Geräte nutzbar macht, in dem sich physische Objekte mit der virtuellen Welt verknüpfen lassen. Dass auf diese Weise komplizierte Werkzeuge oder elaborierte Maschinen in ihren Prozessketten optimiert werden können, schafft spannende neue Perspektiven für das Produktdesign. Industriedesigner Hans Hochkeppel, der seit Beginn an der Idee für ProGlove beteiligt war, erkannte darin die Möglichkeit, ganzheitliche und nachhaltige Erfahrungen für die Kund*innen zu schaffen.

Perfekt im Alltag integriert

Er selbst bezeichnet das smarte Wearable für die Industrie auch ganz schlicht als Werkzeug, das die Fließbandarbeit oder Prozesse in der Logistik oder Produktion vereinfacht. »Man scannt damit beispielsweise den QR-Code auf einem Airbag, um sicherzustellen, dass dieses wichtige Teil wirklich verbaut wurde«, erklärt er. »Unser Wearable ist ergonomisch durchdacht, also lange komfortabel tragbar. Das ersetzt die großen unhandlichen Scanpistolen und ist als handliches Kästchen sogar so klein, dass es öfter mal verloren geht.« Er lacht. »Sie integrieren sich perfekt in den Alltag eines eh schon stressigen Jobs«, das mache den Unterschied so gewaltig. Zu ihren bislang zirka 2000 Auftraggeber*innen zählen viele Industriegrößen, High-Performance-Cases, bei denen es darum gehe, Sekunden einzusparen. »Wer täglich mehrere tausend Mal am Tag scannt oder im Akkord Kisten verpackt, der freut sich über jede Sekunde, die es einfacher macht.«

In seiner Position als Director of Design & UX und passionierter Design Thinker legt er größten Wert darauf, den Nutzer in den Fokus jedes Entwicklungsprozesses zu stellen. An dieser Vision hat sich seit 2014 nichts geändert. Damals hatte das junge Team die sogenannte Intel Wearable Challenge gewonnen, die vom Unternehmen ausgeschrieben worden war – zu einer Zeit, in der Fitbit und ähnliches im Trend lag, die sich aber des Potenzials solcher Wearables für die Manufacturing-Branche noch nicht ganz bewusst war. Mit dem Preisgewinn der Intel Challenge konnte ProGlove an den Start gehen.

»Wir wollten etwas entwickeln, das die Arbeitnehmergesundheit fördert und auf die Industrie zugeschnitten ist, bei der es um Effizienz geht«, so Hochkeppel, der als Absolvent der Hochschule München die Stadt als adäquaten Standort erkannte. Mittlerweile bezeichnet er ProGlove längst nicht mehr als Start-up, man sei bereits in der Scale-up-Phase: breit aufgestellt mit etwa 250 Mitarbeiter*innen an drei Standorten – München-Sendling, Belgrad und Chicago – sowie mit einem Vertriebs-Netzwerk in den USA und vermehrt in der Region Asien-Pazifik.

Iterative Designprozesse nah am Nutzer

Auch das Produktportfolio ist größer geworden: div­­erse Preisklassen für verschiedene Anwendungen, mal mit Display, mal optimiert für besonders harte Anwendungen in der Industrie. »Wir steigen noch tiefer ein, wie bei einem Fitnesstracker, der Daten sammelt. Durch die Analytics-Daten können etwa auch die Vorarbeiter*innen Infos bekommen, wie weit zwei Bauteile auseinanderliegen, um damit die Laufwege zu optimieren. Hierfür haben wir die Softwarelösung namens Insights entwickelt, darüber hinaus kann man über Sensoren und eine Kamera im Scanner sehr viel nützliche Infos generieren.« Hans Hochkeppel berichtet von einer Anwendung, die während der Corona-Pandemie die Abstände zwischen den Geräten messen konnte und bei weniger als 1,5 Metern ein Signal abgab. Besonders bei den eingeschränkten Platzverhältnissen vieler Lagerhallen und Produktionsstätten sei das praktisch gewesen.

»Unsere Herausforderung im Designteam ist, dass wir sowohl Hardware als auch Software machen und die Wearables in ihrer Ergonomie perfekt sein müssen. Wir dürfen niemandem die Hand kaputt machen«, so Hochkeppel. »Unsere Werkzeuge sind für ziemliche Profis, die sofort merken, wenn ein Modell schlecht ist. Wenn eine Handbewegung sehr repetitiv ist, muss das Gerät so hochwertig wie ein Sportartikel sein, auf dem Niveau eines Ultraläufers. Deshalb ist unser Designprozess nah am Nutzer und sehr iterativ.«

Das Arbeiten sei nicht nur wegen der Nähe zu den Nutzer*innen so großartig, er schwärmt auch von der Werkstatt mit Alpenblick, wo unterschiedliche 3D-Drucker samt SLS-Printer zur Verfügung stehen und von Hardware bis Textilien alles inhouse angefertigt werde. Ein ehrliches, brauchbares Design, das alle Vorzüge des Internet of Things für sich nutzt und dennoch nie den Menschen außer Acht lässt. Dieter Rams wäre stolz.

Mehr Informationen zu ProGlove unter proglove.com

Das Gespräch mit ProGlove führte Sonja Pham für das Online-MAGAZIN der mcbw 2022.